Weißt du, warum die meisten Menschen beim Abnehmen scheitern und langfristig mehr Kilos auf den Rippen haben als vor ihren zahlreichen Diätversuchen? Das liegt in der Regel daran, dass sie vergleichsweise planlos auf dem Ergometer trainieren und ihre Ernährung nicht an ihrem persönlichen Energiebedarf ausrichten.
Der Energiebedarf ist jedoch der Schlüssel zu körperlicher Fitness und einem dauerhaft geringen Körperfettanteil. Im Folgenden erfährst du daher, wie sich dein Energiebedarf zusammensetzt, wie du ihn berechnest und wie groß dein tägliches Energiedefizit sein sollte, um mit deinem Heimtrainer gesund abzunehmen.
Warum ist es wichtig, seinen Energiebedarf zu kennen?
Dass es enorm bedeutend ist, dass du weißt, wie viel Energie du an jedem einzelnen Tag verbrauchst, liegt auf der Hand. Nur so ist es dir schließlich möglich dein Training und deine Ernährung so zu planen, dass du abnimmst. Es braucht dazu keine Zauberpillen, Wundershakes oder Modediäten zum Abnehmen.
Alles, was du benötigst, ist das Wissen darüber, dass dein Körper vereinfacht gesagt jeden Tag eine Energiebilanz aufstellt, indem er die aufgenommenen Kalorien den verbrauchten Kalorien gegenüberstellt. Übersteigt der Verbrauch die Zufuhr, nimmst du ab. Ist hingegen die Zufuhr höher als der Verbrauch, nimmst du zu. Wer also nicht weiß, wie viel er verbraucht, stochert bei der Trainings- und Ernährungsplanung im Nebel.
Viel hilft nicht viel
Der Einfachheit halber könntest du natürlich sagen, dass du einfach möglichst wenig isst und dafür umso längere Einheiten auf dem Laufband, dem Radergometer oder dem Rudergerät einlegst. Diesen Fehler machen allerdings sehr viele motivierte Hobbysportler, die ein paar Kilogramm abnehmen möchten. Du hast nämlich die Rechnung ohne deinen Körper gemacht, denn ist dein tägliches Energiedefizit zu hoch, schaltet der Organismus in den Hungerstoffwechsel um.
Vorsicht vor dem Notstoffwechsel!
Der Hungerstoffwechsel, auch Notstoffwechsel genannt, ist ein evolutionsbiologisches Relikt aus der Zeit, als der Mensch noch als Jäger durch die Prärie streifte und kein voller Kühlschrank in der Höhle wartete. Dummerweise weiß dein Körper aber nicht, dass Nahrung heute im Überfluss vorhanden ist und du eigentlich nur so schnell wie möglich abnehmen möchtest. Daher geht dein Organismus von einer Hungersnot aus, wenn dein Energiedefizit dauerhaft zu hoch ist.
Dabei reduziert er die Stoffwechselrate unter anderem, indem er die Organtätigkeit drosselt und »unnütze« Verbraucher, wie die Skelettmuskulatur, abbaut und energetisch verwertet. Das führt zu Stagnation bei der Gewichtsabnahme und dem Versuch, dem Stillstand mit einem noch größeren Energiedefizit entgegenzuwirken. Ein Teufelskreis.
Das Ergebnis ist also einzig und allein ein umso stärkerer Jojo-Effekt bei gleichzeitigem Abbau wertvoller Muskulatur, die deinem Körper doch eigentlich seine athletische Form verleihen soll. Du benötigst das Wissen um deinen individuellen Energiebedarf also unbedingt, um sinnvoll abzunehmen.
Was steckt eigentlich hinter dem Grundumsatz?
Da wir nun wissen, warum es so wichtig ist, den täglichen Energiebedarf zu kennen, wollen wir uns nun dessen Zusammensetzung und Berechnung widmen. Grundlegend besteht der Energieverbrauch aus dem Leistungsumsatz und dem Grundumsatz. Während der Leistungsumsatz den Kalorienverbrauch aller Aktivitäten angibt, die du an einem Tag ausübst, bezeichnet der Grundumsatz die Energiemenge, die dein Körper binnen 24 Stunden benötigt, ohne dass du auch nur einen Finger rührst. Die folgende Auflistung gibt dir einen Überblick über die Hauptverbraucher in unserem Organismus und den Anteil, den sie am Energieverbrauch im Ruhezustand haben.[1]
- Skelettmuskulatur (ca. 20-26%)
- Gehirn (ca. 22-26%)
- Leber (ca. 20-22%)
- Herz (ca. 10%)
- Nieren (ca. 10%)
- sonstige Organe (ca. 14%)
Stell dir den Grundumsatz vor wie den Stromverbrauch in einer Großstadt. Auch wenn die meisten Menschen mitten in der Nacht schlafen und damit Großverbraucher wie Küchengeräte, Waschmaschinen und Fernseher nicht laufen, wird dennoch Strom verbraucht. Das betrifft vor allem die Straßenbeleuchtung, Heizungsanlagen, Kühlschränke oder Server. Alle diese Verbraucher werden benötigt, um den Organismus »Großstadt« am Leben zu erhalten. Ähnlich ist es auch in deinem Körper. Und das Beste daran ist, dass der Grundumsatz bei jedem von uns den Großteil des täglichen Energieverbrauchs ausmacht.
Den Grundumsatz mittels Faustformel näherungsweise berechnen
Da wir Menschen alle nicht genormt sind, variiert der Grundumsatz von Mensch zu Mensch. Aus diesem Grund haben sich in der Vergangenheit gleich mehrere Berechnungsverfahren etabliert, mit deren Hilfe der Grundumsatz bestimmt werden kann. Die einfachste Vorgehensweise ist die Ermittlung mit Hilfe einer einfachen Faustformel.
Grundumsatz kinderleicht berechnen:
Um deinen Grundumsatz zu berechnen, multiplizierst du dein Körpergewicht in Kilogramm lediglich mit dem Faktor 24. Da der Körperfettanteil bei dieser Berechnung einen großen Einfluss auf das Ergebnis hat, multiplizieren Frauen das Ergebnis nochmals mit 0,9. Damit trägt das Verfahren dem im Durchschnitt um etwa 10 Prozent höheren Körperfettanteil von Frauen Rechnung.
80kg * 24 = 1920 kcal
70kg * 24 * 0,9 = 1512 kcal
Beachte aber auf jeden Fall, dass du mit der Faustformel nur einen Näherungswert errechnen kannst, der erfahrungsgemäß auf ca. 100 Kilokalorien genau ist. Anders sieht es bei extremem Übergewicht aus. In solchen Fällen ist es besser auf technische Messverfahren oder die Hilfe eines Arztes zurückgreifen, um ein möglichst zutreffendes Ergebnis zu erhalten.
Grundumsatzberechnung mit der Mifflin-St.Jeor-Formel
Eine etwas genauere Berechnungsmethode ist eine von den beiden US-amerikanischen Forschern Mifflin und St.Jeor entwickelte Formel aus dem Jahr 1990.[1] Diese bezieht neben dem Körpergewicht weitere wichtige Faktoren wie die Körpergröße, das Alter sowie eine geschlechterspezifische Konstante mit ein, die physiologische Unterschiede berücksichtigt. Für Männer liegt diese Konstante bei +5 bei Frauen bei -161.
Studien zur Folge liefert die sogenannte Mifflin-St.Jeor-Formel durchschnittlich mindestens 5 Prozent präzisere Ergebnisse als andere Verfahren wie die Faustformel oder die bekannte Harris-Benedict-Formel. Diese Präzision ist auf die zusätzlichen Faktoren zurückzuführen, da der Grundumsatz beispielsweise mit zunehmendem Alter deutlich zurückgeht. Auch dazu ein Rechenbeispiel:
10 * Körpergewicht (kg) + 6,25 * Körpergröße (cm) – 5 * Alter (Jahre) + Konstante
10 * 80kg + 6,25 * 180cm – 5 * 25 + 5 = 1805 kcal
10 * 70kg + 6,25 * 170cm – 5 * 25 – 161 = 1476,6 kcal
Diese Formel liefert bereits sehr genaue Ergebnisse und ist für die meisten Freizeitsportler, die auf dem Heimtrainer abnehmen möchten, völlig ausreichend. Wenn du einen sehr hohen Körperfettanteil von deutlich über 25 Prozent (Männer) oder 30 Prozent (Frauen) hast, lohnt der Gang zu einem Sportmediziner oder die Verwendung technischer Hilfsmittel. Das gilt im Übrigen auch, wenn du deinen Grundumsatz bis auf die Nachkommastelle genau wissen möchtest.
Maximale Präzision mit technischer Unterstützung
Eine technische Lösung für zu Hause sind zum Beispiel die speziellen Fitnessarmbänder der Firma Sensewear. Diese Geräte verfügen über eine High-Tech-Messeinheit, die deinen Kalorienverbrauch im Alltag sehr exakt aufzeichnet und dir Ergebnisse liefert. Um möglichst genaue Ergebnisse zu erhalten, empfiehlt es sich, ein solches Armband über mehrere Tage hinweg zu tragen, sodass du beispielsweise auch den Kalorienverbrauch während einer Trainingseinheit auf dem Heimtrainer genau erfassen kannst. Allerdings ist die Miete für die Messgeräte nicht billig.
Berechnung des Leistungsumsatzes
Natürlich kommt zu deinem Grundumsatz auch noch der Leistungsumsatz hinzu. Dieser umfasst den Energieverbrauch aller Aktivitäten, denen du an einem durchschnittlichen Tag nachgehst, und lässt sich mit Hilfe des Grundumsatzes berechnen. Zur Bestimmung greift man auf den sogenannten Physical Activity Level (PAL) zurück, der mit dem Grundumsatz multipliziert wird. Wie hoch dieser Wert ausfällt, hängt von der durchschnittlichen körperlichen Aktivität ab. Mit Hilfe der folgenden Tabelle (Quelle) kannst du bestimmen, welcher PAL-Wert am ehesten auf dich zutrifft.
PAL-Wert | Beschreibung | Beispiel |
---|---|---|
1,2 | hauptsächlich sitzende oder liegende Lebensweise | ältere Menschen, Rollstuhlfahrer |
1,3-1,5 | hauptsächlich sitzende Tätigkeit | Lehrer, Büroangestellte, Softwareentwickler |
1,6-1,7 | sitzende, gehende, stehende Tätigkeiten | Studenten, Schüler, Laboranten |
1,8-1,9 | überwiegend stehende und gehende Tätigkeiten | Verkäufer, Handwerker, Kellner, Hausfrauen |
2,0-2,4 | schwere körperliche Arbeit | Bauarbeiter, Landwirte, Forstarbeiter |
Ist unser Mann aus den vorherigen Beispielen also beispielsweise ein Büroangestellter, verbraucht er bei Anwendung der Faustformel an einem durchschnittlichen Tag ohne Training rund 2495 kcal. Beachte aber auch hier, dass es sich um Näherungswerte handelt, die nicht zu 100 Prozent genau sein können. Es ist also dennoch wichtig, dass du die Entwicklung deines Körpers beim Abnehmen im Auge behältst und gegebenenfalls Anpassungen vornimmst. Insgesamt präzisere Ergebnisse liefert natürlich auch an dieser Stelle die Verwendung von speziellen Messgeräten wie den Sensewear-Armbändern.
Energieverbrauch beim Training auf dem Ergometer
Da der errechnete Leistungsumsatz das Training nicht berücksichtigt, musst du den Kalorienverbrauch, den du dabei erzielst, an Trainingstagen noch hinzurechnen. An dieser Stelle können Heimtrainer und Ergometer ihre große Stärke ausspielen, denn hochwertige Geräte verfügen in der Regel über sehr gute Trainingscomputer, welche die verbrauchten Kalorien sehr genau berechnen.
Damit diese Berechnung möglichst korrekt ausfällt, sollte diese auf Basis deiner Pulsfrequenz geschehen. Manche Heimtrainer verfügen dazu über einen Clip, den du am Ohr befestigst. Andere hingegen haben integrierte Pulsmesser in den Handgriffen. Letztendlich ist die Möglichkeit der Pulsmessung also ein wichtiges Entscheidungskriterium beim Kauf eines Heimtrainers. Alternativ kannst du natürlich auch zu einer Pulsuhr greifen, die diese Funktion erfüllt.
Wie hoch sollte mein Energiedefizit beim Abnehmen sein?
Wichtig ist vor allem, dass das tägliche Energiedefizit nicht zu groß ist, denn auch beim Abnehmen gilt die Regel: Viel hilft nicht unbedingt viel. Wie eingangs erwähnt schaltet dein Körper bei einem zu großen Defizit in den Hungerstoffwechsel und weigert sich fortan, weitere Fettreserven freizugeben. Um das zu verhindern, gilt an dieser Stelle eine essentielle Grundregel: Unterschreite niemals dauerhaft deinen Grundumsatz! Sollte dies an einem oder zwei Tagen pro Woche einmal passieren, ist das nicht schlimm. Es sollte aber kein Dauerzustand werden.
Der größte Fehler – Zu schnell Abnehmen wollen!
Um einen zusätzlichen Sicherheitspuffer einzubauen und den Organismus nicht allzu sehr zu belasten, hat sich in der Praxis ein Energiedefizit von ca. 500 kcal pro Tag bewährt. Das entspricht einem Körperfettverlust von 500 Gramm pro Woche. Dadurch dauert es zwar vielleicht etwas länger, bis du dein Wunschgewicht erreichst, allerdings beugst du damit auch Heißhungerattacken und dem Jojo-Effekt vor.
Abschließend noch zwei Rechenbeispiele für unseren 80 Kilogramm schweren Mann:
An einem trainingsfreien Tag liegt sein Verbrauch bei rund 2495 kcal. Abzüglich des eingeplanten Defizits von 500 kcal bleiben 1995 kcal übrig, die über die Nahrung aufgenommen werden müssen.
An einem Trainingstag hingegen absolviert unser Büroangestellte eine 60-minütige Trainingseinheit auf dem Ergometer, bei der er 600 kcal verbraucht hat. Damit erhöht sich sein Energieverbrauch an diesem Tag auf 3095 kcal. Abzüglich des Energiedefizits von 500 kcal bleiben wiederum 2595 kcal übrig. Diese müssen wiederum über Nahrungsmittel abgedeckt werden, um das Zieldefizit einzuhalten.
Fazit
Mit Hilfe dieses Guides bist du nun dazu in der Lage, deinen Energieverbrauch sowohl an Trainingstagen als auch an trainingsfreien Tagen zu bestimmen. Wie du deine Makronährstoffverteilung auf Basis dieser Berechnungen gestaltest, erklären wir dir an anderer Stelle genauer.
[1] Behrends, Jan; Bischofberger, Josef; Duale Reihe: Physiologie, Thieme, Stuttgart, 2009, S. 517